Mit seinem aktuellen Urteil weist das Gericht eine Klage Frankreichs gegen den Beihilfenbeschluss der Kommission vom 24. Oktober 2011, Nr. 2012/397/EU über die staatliche Beihilfe SA 32600 (2011/C) – Frankreich – Beihilfe zur Umstrukturierung von SeaFrance SA durch die SNCF (ABl. 2012, L 195, S. 1) – ab und bestätigt damit, dass die Kommission die Grundsätze für den sog. Privat-Investor-Test richtig anwendet. Mit ihrem damaligen Beschluss stellte die Kommission fest, dass die 2010 gewährten Rettungsbeihilfen und die im Plan von 2011 vorgesehenen Umstrukturierungsmaßnahmen (Kapitalaufstockung und Darlehen) für die SeaFrance SA mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen darstellten. Sie ordnete die Rückforderung der 2010 gewährten Rettungsbeihilfe an.
Das Gericht stellt fest, dass die einzelnen Finanzierungsmaßnahmen (Darlehen und Kapitalaufstockungen) im Ergebnis insgesamt lediglich eine einzige Kapitalaufstockungsmaßnahme zugunsten der SeaFrance SA darstellten. Dabei berücksichtigte das Gericht insbesondere den Umstand, dass sich an den Finanzierungsmaßnahmen neben der SNCF kein externer privater Gläubiger beteiligte. Die verschiedenen Maßnahmen waren somit insbesondere angesichts ihrer zeitlichen Abfolge, ihres Zwecks und der damaligen Situation von SeaFrance so eng miteinander verknüpft, dass sie sich im Rahmen des Kriteriums des privaten Kapitalgebers nicht voneinander trennen lassen. Im Übrigen hat die Kommission nach Ansicht des Gerichts das Kriterium des privaten Kapitalgebers richtig angewandt, indem sie zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die erwartete Gesamtrendite der Rettungsbeihilfen, der Kapitalaufstockung und der Darlehen nicht der von einem privaten Kapitalgeber erwarteten Rendite entsprach. Somit hätte ein marktwirtschaftlich handelnder privater Kapitalgeber bei SeaFrance nicht alle von der SNCF getroffenen Maßnahmen vorgenommen. Schließlich hat die Kommission nach Ansicht des Gerichts auch die Vereinbarkeit der Beihilfe zur Umstrukturierung von SeaFrance mit dem Binnenmarkt richtig beurteilt. Das Gericht weist zunächst darauf hin, dass der Begünstigte einer Umstrukturierungsbeihilfe einen konkreten Eigenbeitrag leisten muss, der kein Beihilfeelement enthalten darf und so hoch wie möglich sein muss.
Dieser Beitrag muss 50 % des Finanzierungsbedarfs der Umstrukturierung abdecken und den Zweck erfüllen, die Märkte davon zu überzeugen, dass sich die Rentabilität des Unternehmens innerhalb einer angemessenen Frist wiederherstellen lässt. Nach Ansicht des Gerichts hat die Kommission zu Recht festgestellt, dass SeaFrance keinen solchen Beitrag leistete, da das Darlehen in Höhe von 99,7 Mio. Euro als eine von der SNCF gewährte staatliche Beihilfe nicht dem Eigenbeitrag zugerechnet werden kann.
Bewertung des Beihilfenblogs: Das Urteil zeigt, dass die restriktive Anwendung des Privat-Investor-Tests durch die Europäische Kommission in der Rechtsprechung des Gerichts Anklang findet und gestützt wird. Der Privat-Investor-Test unterliegt somit weiterhin strengen rechtlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen und kann nicht auf bloße Behauptungen gestützt werden.