Kommission bewertet Beihilfevorschriften für DAWI im Gesundheits- und Sozialbereich sowie im Bereich niedriger Beihilfen neu

Bereits im Juni 2019 hatte die EU-Kommission eine Neubewertung der EU-Beihilfevorschriften für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) im Gesundheits- und Sozialbereich und im Bereich niedriger Beihilfen angekündigt. Die Ergebnisse dieser Bewertung liegen nunmehr vor. Sie werden in einer Arbeitsunterlage der Kommission zusammengefasst. Danach seien die Beihilfevorschriften im Wesentlichen zweckerfüllend bedürfen aber einer inhaltlichen Nachschärfung.

Im Rahmen der Bewertung wollte die EU-Kommission herausfinden, ob die derzeitigen DAWI-Vorschriften für Gesundheits- und Sozialdienstleistungen sowie für niedrige Beihilfen grundsätzlich zweckerfüllend sind. Konkret sollte untersucht werden, 

  • ob mit den DAWI-Vorschriften von 2012 die verfolgten Ziele erreicht wurden (d.h. Klärung der wichtigsten Grundsätze für staatliche Beihilfen, Vereinfachung sowie diversifizierter und verhältnismäßiger Ansatz für DAWI),
  • ob die Vorschriften angesichts der Entwicklungen in den Sektoren und der Rechtsprechung des Gerichtshofs weiterhin angemessen sind und 
  • welche Probleme für die Mitgliedstaaten mit der Anwendung verbunden waren. 

Zur Ermittlung dieser Fragen wurden interne Analysen sowie öffentliche Konsultationen von Mitgliedstaaten und Interessenträgern, wie Bürgerinnen und Bürgern, Behörden, Unternehmen, Verbänden, Verbraucher-/Unternehmensorganisationen, NRO und Gewerkschaften, durchgeführt. Außerdem gab die EU-Kommission eine externe Studie zur Untersuchung der Markttrends im Gesundheits- und im Sozialwohnungssektor in zehn Mitgliedstaaten in Auftrag.

Ergebnisse

Die EU-Kommission sieht die Vorschriften grundsätzlich als zweckerfüllend an. Dies gelte auch bezüglich der im Jahr 2012 vorgenommenen Änderungen der DAWI-Vorschriften. Darüber hinaus ist die EU-Kommission der Ansicht, dass die bestehenden Vorschriften den Verwaltungsaufwand für Behörden, die Unternehmen mit DAWI betrauen, verringert haben.

Auf der anderen Seite habe sich jedoch gezeigt, dass bestimmte Änderungen notwendig sein könnten, um einerseits die bestehenden Vorschriften weiter zu vereinfachen sowie zu präzisieren und andererseits den Verwaltungsaufwand für die Mitgliedstaaten bei der Gewährung eines Ausgleichs für Unternehmen für DAWI weiter zu verringern, so die EU-Kommission.

Hinsichtlich der Vorschriften für De-minimis-Beihilfen für DAWI habe sich herausgestellt, dass möglicherweise die Obergrenze, bis zu der geringe Beihilfebeträge für Unternehmen, die mit DAWI betraut werden, nicht als staatliche Beihilfen gelten, angehoben werden müsse. Ebenso solle die De-minimis-Verordnung für DAWI an die allgemeine De-minimis-Verordnung angepasst werden.

Die EU-Kommission möchte nun prüfen, wie sich diese Punkte umsetzen lassen. 

Hintergrund 

Die EU-Beihilfevorschriften für DAWI im Gesundheits- und Sozialbereich (wie z.B. Krankenhausbehandlungen oder Sozialwohnungen) sollen sicherstellen, dass öffentliche Mittel für die Erbringung derartiger Dienstleistungen den Wettbewerb im Binnenmarkt nicht übermäßig verzerren.

Zu den DAWI gehören nur solche wirtschaftlichen Dienstleistungen, die die Behörden als für die Bürgerinnen und Bürger besonders wichtig einstufen und denen eine Gemeinwohlfunktion zukommt, die der Markt nicht übernimmt bzw. nur zu anderen Konditionen übernehmen würde.

DAWI werden für das Gemeinwohl zu staatlich geregelten Bedingungen erbracht, indem der Staat einen oder mehrere Erbringer mit jenen Gemeinwohlverpflichtungen betraut. Es kann deshalb erforderlich sein, Unternehmen für die Erbringung von DAWI einen Ausgleich für die entstehenden Kosten zu gewähren.

Werden Unternehmen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, öffentliche Mittel gewährt, kann dies einen wirtschaftlichen Vorteil für die Begünstigten gegenüber ihren Wettbewerbern darstellen. So können Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt entstehen.

Die Kontrolle von Beihilfen für DAWI gewährleistet, dass der Ausgleich für die DAWI-Erbringung nicht über das hinausgeht, was für die Erbringung der DAWI erforderlich ist, dass weiterhin Anreize für Innovation und Wettbewerb für die Unternehmen bestehen und dass der Binnenmarkt nicht fragmentiert wird.

Im DAWI-Paket von 2012 sind die Beihilfevorschriften für Ausgleichsleistungen für DAWI festgelegt. Dieses Paket setzt sich aus Folgendem zusammen: 

  • Die DAWI-Mitteilung gibt einen Überblick über die DAWI relevanten Beihilfekonzepte der EU.
  • Nach der De-minimis-Verordnung für DAWI unterliegen Ausgleichszahlungen, die 500.000 Euro in einem Zeitraum von drei Geschäftsjahren nicht übersteigen, keiner beihilferechtlichen Prüfung.
  • Der DAWI-Beschluss befreit die Mitgliedstaaten von der Pflicht, Ausgleichsleistungen für die Erbringung von DAWI bei der Kommission anzumelden, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. 
  • Der DAWI-Rahmen legt die Kriterien für die Prüfung hoher Ausgleichsbeträge, die nicht unter den DAWI-Beschluss fallen, fest. Derartige Ausgleichsleistungen müssen aufgrund erhöhter Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen bei der EU-Kommission angemeldet werden. 

Nach den Vorschriften für Bagatellbeihilfen für DAWI (sog. „De-minimis-Beihilfen für DAWI“) ist ein Ausgleich in Höhe von bis zu 500.000 Euro für Erbringer von DAWI in einem Zeitraum von drei Jahren von den EU-Beihilfevorschriften nicht erfasst, weil solche Vorteile aufgrund ihrer Geringfügigkeit den Wettbewerb oder den Handel zwischen den Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen. Allerdings gilt auch diese Freistellung nur unter der Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Betrauung mit DAWI.

Ausnahmen für DAWI können also weiterhin immer nur rechtssicher in Anspruch genommen werden, wenn eine Betrauung mit DAWI vorliegt. Es bleibt abzuwarten, ob der Begriff der DAWI eine Präzision erfahren wird. Außerdem könnte in Zukunft eine Anhebung des Bagatellbetrags für DAWI zu erwarten sein.

Lena Lauterborn

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