Die neue Leitlinie für Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen – Was steht eigentlich drin?

Seit dem 27.01.2022 gelten die überarbeiteten, neuen  Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen  (C2022) 481 final) in Ablösung der gleichnamigen Leitlinien aus dem Jahr 2014 (ABl. C 200 vom 28.6.2014, S. 1). Die Leitlinien beschreiben in Gestalt einer Mitteilung der EU-Kommission, unter welchen Voraussetzungen die Kommission ihre Vereinbarkeitsprüfung für anmeldepflichtigen Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen vornehmen will. Als sogenanntes „soft law“ kommt Leitlinien zwar nur eine indirekte Rechtswirkung zu. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie rechtlich nicht bindend sind. In der Praxis spielen sie vielmehr eine wichtige Rolle, weil sie die Vorgehensweise der EU-Kommission bestimmen und somit zur Rechtssicherheit bei der Beantragung von Beihilfen beitragen. Die neuen Klimaschutzleitlinien enthalten daher wichtige Anpassungen der bisherigen Vorschriften an verschiedene Strategien der EU-Kommission aus den Bereichen Umwelt, Klima und Energie, wie insbesondere dem europäischen Grünen Deal und dem Legislativpaket „Fit für 55“

Der neue Anwendungsbereich umfasst deshalb die folgenden Gruppen von Beihilfenmaßnahmen:

  • Beihilfen zur Verringerung und zum Abbau von Treibhausgasemissionen, u. a. durch die Förderung von erneuerbaren Energien und von Energieeffizienz, 
  • Beihilfen zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz und der Umweltbilanz von Gebäuden, 
  • Beihilfen für den Erwerb oder das Leasing von sauberen Fahrzeugen (für den Luft- , Straßen-, Schienen-, Binnenschiffs- und Seeverkehr) und von sauberen mobilen Service-Geräten sowie für die Nachrüstung von Fahrzeugen und mobilen Service- Geräten, 
  • Beihilfen für den Aufbau der Lade- und Tankinfrastruktur für saubere Fahrzeuge, 
  • Beihilfen für Ressourceneffizienz und zur Unterstützung des Übergangs zu einer Kreislaufwirtschaft, 
  • Beihilfen zur Vermeidung oder Verringerung von nicht durch Treibhausgase bedingter Umweltverschmutzung,
  • Beihilfen für die Sanierung von Umweltschaden, die Rehabilitierung natürlicher Lebensraume und Ökosysteme, den Schutz bzw. die Wiederherstellung der Biodiversität und die Umsetzung naturbasierter Lösungen für die Anpassung an den Klimawandel und den Klimaschutz, 
  • Beihilfen in Form einer Ermäßigung von Steuern oder steuerähnlichen Abgaben, 
  • Beihilfen zur Gewährleistung der Stromversorgungssicherheit, 
  • Beihilfen für Energieinfrastruktur, 
  • Beihilfen für Fernwärme und Fernkälte, 
  • Beihilfen in Form einer Ermäßigung der Stromverbrauchsabgaben für energieintensive Unternehmen, 
  • Beihilfen für die Stilllegung von Kohle-, Torf- oder Ölschieferkraftwerken und die Beendigung des Abbaus von Kohle, Torf oder Ölschiefer, 
  • Beihilfen für Studien oder Beratungsleistungen zu Klima-, Umweltschutz- und Energiefragen. 

Hintergrund

Klimawandel und Umweltzerstörung stellen eine existenzielle Bedrohung für Europa sowie die gesamte Welt dar. Die Auswirkungen der Klimakrise sind bereits jetzt deutlich sicht- und spürbar. 

Auch die EU-Kommission legt einen besonderen Fokus auf die Bewältigung dieser Herausforderungen und arbeitet an geeigneten Strategien und Rechtsakten, um die Auswirkungen der Klimakrise gezielt und angemessen adressieren zu können. 

Eine in diesem Zusammenhang kürzlich entwickelte Strategie ist der sogenannte europäische Grüne Deal, mit dem die EU-Kommission die Wirtschaft in der EU nachhaltiger und den europäischen Kontinent bis 2050 klimaneutral machen möchte. 

Der Grüne Deal enthält einen Fahrplan mit Maßnahmen, um den effizienten Umgang mit Ressourcen zu fördern, indem zu einer sauberen und kreislauforientierten Wirtschaft übergegangen, der Klimawandel aufgehalten, gegen den Verlust an Biodiversität vorgegangen und die Schadstoffbelastung reduziert wird, so die EU-Kommission. Zudem wird festgehalten, welche Investitionen erforderlich und welche Finanzinstrumente verfügbar sind, um die in dem Grünen Deal niedergelegten Ziele erreichen zu können. Mit dem ersten europäischen Klimagesetz wurde das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 darüber hinaus gesetzlich verankert.  

Zur Verwirklichung ihrer Ziele sind laut der EU-Kommission erhebliche nachhaltige Investitionen in den Klimaschutz notwendig. Für die Erleichterung derartiger Investitionen in den Klima- sowie Umweltschutz können neben privatwirtschaftlichen Investitionen staatliche Beihilfen einen wesentlichen Beitrag leisten.

Voraussetzungen für staatliche Beihilfen für den Klima- und Umweltschutz 

Staatliche Beihilfen sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Vorteile, die zu einer Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige führen. Sie sind nach Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) grundsätzlich verboten, um (drohende) Verfälschungen des Wettbewerbs im Binnenmarkt und Beeinträchtigungen des Handels zwischen den Mitgliedstaaten zu verhindern. 

In bestimmten Fällen können Beihilfen jedoch nach Artikel 107 Absatz 2 oder 3 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar sein, wobeigemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV allein die Europäische Kommission über die Vereinbarkeit von Beihilfen mit dem EU-Binnenmarkt entscheiden darf. Deshalb müssen die Mitgliedstaaten ihre Beihilfenmaßnahmen stets vorab bei der Europäischen Kommission zur Genehmigung anmelden, es sei denn, die Beihilfen erfüllen die Voraussetzungen eines europäsichen Freistellungsakts, wie etwa der De-Minimis-Verordnung oder der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO). 

Die Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen sind kein solcher Freistellungsakt, sondern bilden die rechtliche Grundlage für alle anmeldepflichten Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen. Sie legen fest, wie die EU-Kommission prüfen wird, ob Beihilfemaßnahmen zur Förderung des Umweltschutzes (einschließlich des Klimaschutzes) und des Energiesektors mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. Jede Bezugnahme auf „Umweltschutz“ schließt hierbei auch den Klimaschutz mit ein. 

Struktur der neuen Klimaschutz Leitlinien

Die Leitlinien gliedern sich in acht Teilbereiche. Die zentralen Regelungen finden sich unter Ziffer 2 (Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen), unter Ziffer 3 (allgemeinen Voraussetzungen für Überprüfung der Vereinbarkeit von Beihilfen gemäß Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV) und unter Ziffer 4, nämlich die spezifischen Voraussetzungen für die Genehmigung von bestimmten Gruppen von Beihilfen.

Anwendungsbereich

Kapitel 2.1 legt den Anwendungsbereich der Leitlinien fest. Die neuen Leitlinien gelten für eine Vielzahl von staatlichen Beihilfenmaßnahmen, die gewährt werden sollen, um wirtschaftliche Tätigkeiten in einer Weise zu fördern, die den Umweltschutz verbessern, sowie für Beihilfen zur Förderung wirtschaftlicher Tätigkeiten im Energiesektor, die durch den AEUV geregelt sind. Sie gelten dabei nur für die oben bereits genannten Gruppen von Beihilfenmaßnahmen. Keine Anwendung finden die Leitlinien hingegen auf: 

  • Staatliche Beihilfen für die Entwicklung und Herstellung umweltfreundlicher Produkte, Maschinen, Anlagen, Geräte und Beförderungsmittel, die mit einem geringeren Einsatz natürlicher Ressourcen betrieben werden sollen, sowie Maßnahmen in Produktionsbetrieben oder anderen Produktionseinheiten zur Verbesserung der Sicherheit oder Hygiene; 
  • Staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation, die im Unionsrahmen für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation geregelt sind; 
  • Staatliche Beihilfen, die unter die Vorschriften für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor oder im Fischerei- und Aquakultursektor fallen; 
  • Staatliche Beihilfen für Kernenergie. 

Allgemeine Voraussetzungen

In Kapitel drei der Leitlinien werden die allgemeinen Voraussetzungen festgelegt, unter denen staatliche Beihilfen der Mitgliedstaaten in den Bereichen Klima-, Umweltschutz und Energie nach Artikel 107 Absatz 3 AEUV als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können. Darüber hinaus sind die Kriterien dargelegt, die die Kommission bei der Prüfung von Fördermaßnahmen der Mitgliedstaaten in diesen Bereichen zugrunde legt. 

Um festzustellen, ob eine Beihilfe nach Artikel 107 Absatz 3 AEUV genehmigt werden kann, wiegt die EU-Kommission dem Grundsatz nach die positiven Auswirkungen der Beihilfe auf den geförderten Wirtschaftszweig und die negativen Auswirkungen auf den Handel und den Binnenmarkt gegeneinander ab. Laut der neuen Leitlinien wird die EU-Kommission den Beitrag der Beihilfemaßnahme zu den europäischen Umwelt- und Energiezielen berücksichtigen. Hierbei wird die EU-Kommission insbesondere den Beitrag der Maßnahme zum Übergang zu ökologisch nachhaltigen Tätigkeiten und zur Erreichung der rechtsverbindlichen Zielvorgaben des europäischen Klimagesetzes und der Energie- und Klimaziele der Union für 2030berücksichtigen.  

Allgemeine Kriterien

Im Anwendungsbereich des Artikels 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV, müssen allgemein zwei Voraussetzungen erfüllt sein, damit eine Beihilfe mit dieser Vorschrift als vereinbar angesehen werden kann:

In positiver Hinsicht muss die Beihilfe die Entwicklung eines Wirtschaftszweigs fördern (Abschnitt 3.1 der Leitlinien). Die Leitlinien besagen hierzu, dass Beihilfen zur Vermeidung oder Verringerung negativer Auswirkungen wirtschaftlicher Tätigkeiten auf das Klima oder die Umwelt die Entwicklung von Wirtschaftszweigen fördern können, indem sie die Nachhaltigkeit des betreffenden Wirtschaftszweiges erhöhen. 

Darüber hinaus heißt es, dass Beihilfenmaßnahmen gewährleisten müssen, dass die geförderte Tätigkeit auch in Zukunft fortgesetzt werden kann, ohne unverhältnismäßige Umweltschäden zu verursachen, und sie müssen die Einführung neuer wirtschaftlicher Tätigkeiten und Dienstleistungen unterstützen (Förderung der Entwicklung der sogenannten „grünen Wirtschaft“). 

Bei der Anmeldung der Beihilfe müssen die Mitgliedstaaten deshalb angeben, welche Wirtschaftszweige durch die Beihilfe gefördert werden und wie diese Förderung erfolgen soll. Die Mitgliedstaaten müssen zudem darlegen, ob und wie die Beihilfe zu den klima-, umwelt- und energiepolitischen Zielen der Europäischen Union beitragen wird und insbesondere inwieweit die Beihilfe einen wesentlichen Beitrag zum Umweltschutz einschließlich des Klimaschutzes oder zum reibungslosen Funktionieren des Energiebinnenmarktes leisten wird. 

Darüber hinaus muss jede Beihilfe einen Anreizeffekt haben. Dies bedeutet, dass eine Beihilfe für den Empfänger einen Anreiz zum Handeln im Sinne der gesetzten Ziele geben muss. Ein solcher ist gegeben, wenn die Beihilfe dazu führt, dass der Beihilfeempfänger sein Verhalten ändert und zusätzliche wirtschaftliche Tätigkeiten oder umweltfreundlichere Tätigkeiten aufnimmt, die er ohne die Beihilfe nicht, nur in geringerem Umfang oder auf andere Weise ausüben würde. Der Anreizeffekt wird in der Regel zu verneinen sein, wenn die jeweilige Aktivität bereits vor der Antragstellung begonnen hat. Darüber hinaus muss die geförderte Tätigkeit, die Beihilfemaßnahme selbst oder die mit ihr verbundenen Bedingungen mit den Bestimmungen des Unionsrechts in Einklang stehen. 

Die negative Voraussetzung des Artikels 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV besagt, dass die Beihilfe die Handelsbedingungen zwischen den Mitgliedstaaten nicht in einer Weise verändern darf, die einem gemeinsamen Interesse der Mitgliedstaaten zuwiderläuft (Abschnitt 3.2 der Leitlinien). Sie muss vielmehr zu einer Minimierung der Wettbewerbs- und Handelsverzerrungen beitragen. 

Das bedeutet, dass die Beihilfemaßnahme erforderlich sein muss, um die Entwicklung eines Wirtschaftszweigs zu fördern. Hierfür muss ein Marktversagen hinsichtlich der geförderten Vorhaben oder Tätigkeiten bestehen, welches durch die Beihilfemaßnahme wesentlich verbessert werden kann. Der Mitgliedstaat sollte darlegen können, welche Arten von Marktversagen einen ausreichenden Umweltschutz oder einen effizienten Energiebinnenmarkt verhindern, so die neuen Leitlinien. 

Zudem zeigen die Leitlinien auf, welche Formen von Marktversagen im Zusammenhang mit Umweltschutz und Energie hauptsächlich auftreten, wie beispielsweise eine nicht angemessene Bepreisung für Umweltverschmutzung. 

Darüber hinaus muss die Beihilfemaßnahme geeignet sein, um das mit ihr verfolgte Ziel zu erreichen (Angemessenheitsprüfung). Es darf also kein Politik- und Beihilfeinstrument gegeben sein, welches dieselben Ergebnisse erzielen, die Handels- und Wettbewerbsbedingungen zwischen den Mitgliedstaaten jedoch nur geringer verzerren würde. Die Beihilfemaßnahme sollte dabei die Wirksamkeit von Mechanismen, mit denen ein Marktversagen bereits konkret adressiert wird, nicht untergraben. 

Als ein solcher Mechanismus wird beispielsweise das Verursacherprinzip genannt. Mit diesem soll sichergestellt werden, dass ein mit negativen externen Effekten zusammenhängendes Marktversagen korrigiert wird. Demzufolge sind staatliche Beihilfen dann kein geeignetes Instrument und dürfen nicht gewährt werden, wenn der Beihilfeempfänger nach geltendem Unionsrecht oder nationalem Recht für die Umweltverschmutzung, die er verursacht hat, haftbar gemacht werden könnte (Randnummer 41 f.). 

Der Mitgliedstaat muss aufzeigen, wieso die gewählte Beihilfe in ihrer Form geeigneter ist als andere Beihilfeformen und er nicht solche Instrumente wählt, die zu einer geringeren Beeinträchtigung der Handelsbeziehungen zwischen den Mitgliedstaaten führen, wie beispielsweise rückzahlbare Vorschüsse, Steuergutschriften oder Kredite (Randnummern 43 bis 46). 

Den neuen Leitlinien zufolge ist eine Beihilfe nur dann dann als angemessen anzusehen, wenn sie nicht über das Maß hinausgeht, welches erforderlich ist, um das entsprechende Klima-, Umweltschutz- oder Energieziel zu verwirklichen (Randnummern 47 ff.). 

Eine Beihilfe wird grundsätzlich als auf das für die Durchführung des geförderten Vorhabens bzw. der geförderten Tätigkeit erforderliche Minimum beschränkt angesehen, wenn sie den zur Verwirklichung des Ziels der Beihilfemaßnahme erforderlichen zusätzlichen Nettokosten entspricht, die im Vergleich zum kontrafaktischen Szenario, bei dem keine Beihilfe gewährt wird, anfallen. In den Leitlinien wird ferner bestimmt, dass die Beihilfe dann als angemessen anzusehen ist, wenn ihre Höhe durch eine den Vorgaben der Leitlinien entsprechenden Ausschreibung ermittelt wird (Randnummer 49). 

Die Leitlinien enthalten zudem Ausführungen, wie die Mitgliedstaaten das kontrafaktische Szenario darlegen können und gibt die Berechnungsmethode zur Berechnung der Finanzierungslücke für das tatsächliche Szenario vor (Randnummern 51 ff.). Die Finanzierungslücke entspricht dabei der Differenz zwischen den Kosten einer Tätigkeit, die zur Erreichung höherer Klima-, Energie- und Umweltstandards beiträgt, und den Einnahmen daraus im Vergleich zu den Kosten einer vergleichbaren, aber weniger umweltfreundlichen Tätigkeit, die ohne die Beihilfe durchgeführt würde, und den entsprechenden Einnahmen. Daher bestimmt die Finanzierungslücke die Höhe der Beihilfe, die als Anreiz zur Durchführung der unterstützten Tätigkeit mindestens erforderlich ist. 

Schließlich bestimmt Kapitel 3.2 zuletzt noch, wann eine Beihilfe zu übermäßigen Auswirkungen auf den Wettbewerb und Handel führt, auch wenn sie erforderlich, geeignet, angemessen und transparent ist (Randnummern 63 ff.). 

Kapitel 3.3 der Leitlinien legt schließlich fest, welche Punkte die Kommission im Rahmen der Abwägung der positiven Auswirkungen der Beihilfe gegen die negativen Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel berücksichtigen wird (Randnummer 71). Danach sind einerseits der positive Beitrag der Beihilfemaßnahme zu entsprechenden unionsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen (insbesondere die Ziele des Europäischen Klimagesetzes und der Energie- und Klimaziele der Union für 2030).

Dem gegenüber stehen die negativen Auswirkungen auf die Wettbewerbs- und Handelsbedingungen. Hierbei legen die Leitlinien fest, dass Maßnahmen zugunsten fossiler Brennstoffe in der Regel keine positiven Auswirkungen auf die Umwelt haben, sodass die Abwägung bei solchen Maßnahmen in der Regel nicht zu einem positiven Ergebnis führen wird (Randnummer 74).  

In den Randnummern 56 ff. befinden sich die Kumulierungsvorschriften. Kumulierung bedeutet, dass Beihilfen auf der Grundlage mehrerer Beihilferegelungen gleichzeitig gewährt oder mit Ad-hoc- oder De-minimis-Beihilfen für dieselben beihilfefähigen Kosten kumuliert werden können. Dabei darf jedoch der Gesamtbetrag der staatlichen Beihilfen für ein Vorhaben oder eine Tätigkeit weder zu einer Überkompensation führen noch den nach den Leitlinien zulässigen Höchstbetrag übersteigen. Die Kumulierungsvorschriften finden auf alle unter die Leitlinien fallenden Gruppen von Beihilfen Anwendung. 

Die Randnummern 58 ff. enthalten Transparenzvorschriften. Um negativen Auswirkungen der Beihilfen, die dadurch entstehen, dass Wettbewerber Zugang zu relevanten Informationen über geförderte Tätigkeiten erhalten, entgegenzusteuern, muss der Mitgliedstaat bestimmte Informationen in einer Beihilfentransparenzdatenbank der Kommission oder auf einer nationalen oder regionalen Beihilfewebsite veröffentlichen. Zum einen muss der volle Wortlaut der genehmigten Beihilferegelung oder des Beschlusses zur Gewährung der Einzelbeihilfe und seiner Durchführungsbestimmungen oder ein Link dazu öffentlich gemacht werden. Darüber hinaus muss der Öffentlichkeit Zugang zu Informationen über jede auf Grundlage der überarbeiteten Leitlinien gewährte Einzelbeihilfe von mehr als 100.000 Euro verschafft werden.  

Spezifische Beihilfemaßnahmen der Leitlinien 

Das vierte Kapitel behandelt dagegen verschiedene spezifische Beihilfemaßnahmen und legt hierfür spezifische Vereinbarkeitskriterien dar. 

Hierunter fallen zum einen Maßnahmen zur Förderung von erneuerbaren Energien (inklusive Beihilfen für die Produktion von erneuerbarer Energie oder synthetischer Kraftstoffe, die mit erneuerbaren Energien hergestellt wurden). Ebenso erfasst werden sonstige Beihilfemaßnahmen, welche eine Vielzahl anderer Technologien erfassen und insbesondere die Verringerung sowie den Abbau von Treibhausgasemissionen und die Förderung der Energieeffizienz bezwecken. 

Die EU-Kommission betont in ihren neuen Leitlinien, dass verschiedene Instrumente genutzt werden können. Neben einer Gewährung der Beihilfen durch Zuschüsse, nennt sie ausdrücklich auch die Möglichkeit Beihilfen in Form von Differenzverträgen zu gewähren (Randnummer 121). 

Ein solcher Vertrag verleiht dem Begünstigten Anspruch auf eine Zahlung in Höhe der Differenz zwischen einem festen „Ausübungspreis“ und einem Referenzpreis, beispielsweise einem Marktpreis pro Produktionseinheit. Sie dienen dazu, schwankende Preise beispielsweise für Aktien oder Rohstoffe abzusichern. Differenzverträge wurden in den letzten Jahren bei Stromerzeugungsmaßnahmen verwendet, könnten aber auch einen mit dem Emissionshandelssystem verknüpften Referenzpreis beinhalten, das heißt „CO2-Differenzverträge“. 

Derartige CO2-Differenzverträge können laut der EU-Kommission ein nützliches Instrument sein, um bahnbrechende Technologien auf den Markt zu bringen, die für die Wende hin zu einer kohlenstofffreien Wirtschaftsweise der Industrie (Dekarbonisierung) unter Umständen erforderlich sein können. 

Darüber hinaus nennt die EU-Kommission Betriebsbeihilfen. Derartige Beihilfen werden gewährt, um die Betriebskosten des Beihilfeempfängers zu decken. Nach den neuen Leitlinien können unter bestimmten Voraussetzungen z.B. die Betriebskosten für Fernwärme- und Fernkältesysteme durch Beihilfen gedeckt werden (Randnummer 392). Nach den Leitlinien können Betriebsbeihilfen für die Wärmeerzeugung als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden, sofern die Nettobetriebsmehrkosten zur Verbesserung des Umweltschutzes beitragen. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn der Mitgliedstaat nachweisen kann, dass private Wärmeverbraucher ohne die Betriebsbeihilfen zu umweltschädlicheren Wärmequellen wechseln würden oder dass ohne Beihilfen die langfristige Rentabilität des Fernwärmesystems zum Vorteil umweltschädlicherer Heizlösungen gefährdet wäre. 

Die in Kapitel 3 festgelegten Vereinbarkeitskriterien finden auf diese Beihilfemaßnahmen Anwendung, sofern in den spezifischen Abschnitten des vierten Kapitels keine präzisen und abweichenden Bestimmungen enthalten sind.  

Zusammenspiel mit freigestellen Beihilfen nach der AGVO

Die Leitlinien umfassen zwar einige spezifische Vorschriften für kleine Vorhaben, sind aber insgesamt für größere Beihilfemaßnahmen konzipiert. Diese werden parallel zur AGVO angewendet. Letztere enthält sogenannte Ex-ante-Vereinbarkeitskriterien, auf deren Grundlage die Mitgliedstaaten bestimmte kleinere staatliche Beihilfemaßnahmen ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission durchführen können. 

Die EU-Kommission überarbeitet derzeit die AGVO-Bestimmungen für Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen, um Investitionen in diesen Bereichen weiter zu erleichtern. Hierfür möchte sie zusätzliche Maßnahmen wie Beihilfen für Investitionen in neue Technologien wie Wasserstoff und CO2-Abscheidung und -Speicherung oder CO2-Abscheidung und -Nutzung sowie Beihilfen in Bereichen, die für die Verwirklichung der Ziele des europäischen Grünen Deals von entscheidender Bedeutung sind, wie Ressourceneffizienz und Biodiversität, von der Anmeldepflicht befreien. 

Darüber hinaus sollen die Bestimmungen über Beihilfen für Investitionen in die Energieeffizienz von Gebäuden und die Lade- und Tankinfrastruktur für saubere Mobilität weiter präzisiert werden. Schließlich plant die EU-Kommission die Vorschriften über die Definition der beihilfefähigen Kosten und der Beihilfeintensitäten flexibler zu gestalten. Eine öffentliche Konsultation zu diesen Änderungen fand vom 06. Oktober bis zum 08. Dezember 2021 statt.   

Fazit 

Die neuen Leitlinien geben den Rahmen vor, um die Ziele des europäischen Grünen Deals effizient und mit möglichst geringen Wettbewerbsverzerrungen über staatliche Beihilfen unterstützen zu können. Es zeigt sich dabei, dass die EU-Kommission weiterhin nur unter strikter Anwendung des Beihilferechts zum Umwelt- und Klimaschutz beitragen will, ohne ihre Rolle als Hüterin der Wettbewerbsordnung aufzugeben. Beihilfen gewährende Stellen ist daher anzuraten, sich frühzeitig und intensiv mit den neuen Leitlinien auseinanderzusetzen und ihre Vorhaben strikt anhand den Vorgaben der neuen Klimaschutzleitlinein auszurichten.

Wiss. Mitt. Lena Lauterborn/ RA Dr. Jan Deuster

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